Fachtag: „Selbstvertretungen stärken und auf Augenhöhe ins Gespräch kommen“

Am 21. und 22. September treffen sich Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter der Lebenshilfe Seelze im Torhaus Holtensen zu einem Fachtag. Lebenshilfe-Mitarbeiterin Sonja Kastner erklärt im Interview, worum es dabei geht.

„Ein Ziel des Fachtages ist es, dass sich die Mitbestimmungsgremien der Lebenshilfe besser kennenlernen, sich darüber austauschen, was sie bewegt, was ihnen wichtig ist und was sie vorhaben. Wir als Einrichtung möchten erfahren, was die Gremien brauchen, um gut arbeiten zu können. Welche Themen sind ihnen wichtig? Was haben sie für Ziele? Was können wir daraus mitnehmen, um uns und unsere Angebote im Interesse der betreuten Menschen und ihrer Angehörigen individuell und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Mit dem Fachtag möchten wir Menschen mit Beeinträchtigungen dazu ermutigen, für ihre Interessen einzustehen. Wir möchten die Selbstvertretungen stärken und mit ihnen auf Augenhöhe ins Gespräch kommen.“

Warum ist das wichtig?

„Das Thema Selbstvertretung ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Wir können in der gesellschaftlichen Debatte nicht von Inklusion und Teilhabe reden, ohne die Menschen, um die es geht, stärker einzubinden und mitzunehmen. Wir müssen die Menschen fragen, was sie wollen, was sie brauchen. Die Entwicklung ist: Man macht nicht für, sondern mit den Menschen ein Angebot, das zu ihren Bedürfnissen, zu ihren Anforderungen und Erwartungen passt.“

 Haben Sie dafür ein Beispiel?

„Früher wurden Wohnheime für 30, 40 oder mehr Personen gebaut. Das war der Standard. Heute sind individuelle Lösungen gefragt, die sich an den Anforderungen und Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner orientieren – wie unser Wohnprojekt in Luthe zeigt.“

Welchen Einfluss haben Selbstvertretungen auf die Entscheidungen der Lebenshilfe?

„Die Selbstvertretungen sind wichtig, um Ideen weiterzuentwickeln und Projekte voranzubringen. Davon können alle profitieren, das hat der Fachtag zum Thema Wohnen im vergangenen Jahr gezeigt. Es ging dabei um sehr persönliche Fragen, wie die Menschen wohnen möchten, es ging ums Wohnen im Alter, um Ruhestand oder Freizeitgestaltung. Das hat vieles in Bewegung gebracht und die Planungen in Luthe maßgeblich beeinflusst. Daran möchten wir jetzt anknüpfen.“

Welches Interesse hat die Lebenshilfe, diese Entwicklung voranzubringen und den Selbstbestimmungsgedanken zu fördern?

„Es hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Von der einst umfassenden Betreuung und dem Fürsorgedanken geht die Entwicklung mehr und mehr in Richtung Selbstbestimmung und Assistenz. Soziale Einrichtungen sind stärker gefordert, darauf zu schauen, welche Voraussetzungen der- oder diejenige mitbringt, was er oder sie wirklich braucht. Es ist auch eine Frage der Haltung: Können wir die Rahmenbedingungen so gestalten, dass Selbstbestimmung im weitesten Sinne möglich ist, auch für jemanden mit einer schweren körperlichen und geistigen Behinderung? Wir sind schließlich für die Menschen da – und Inklusion bedeutet auch, die Perspektive zu wechseln. Also weniger ‚was muss man den Menschen beibringen, damit sie unserer Welt funktionieren‘, sondern mehr ‚wie müssen die Rahmenbedingungen sein oder verändert werden, dass sich Menschen mit Beeinträchtigung darin gut zurechtfinden.‘ Wir sollten offener sein und schauen, was alles möglich ist – und das ist viel mehr als man denkt.“

Selbstvertretung

Selbstvertretung heißt: Menschen mit Beeinträchtigung vertreten ihre Interessen. Bei der Lebenshilfe Seelze gibt es schon einigen Jahren den Werkstattrat, die Bewohnervertretung und die Frauenbeauftragten, deren Vertreter und Vertreterinnen von den Menschen mit Beeinträchtigung gewählt werden.

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